Direkt zum Inhalt der Seite springen

Green Electronics 2025

Green Electronics 2025

Green Electronics 2025

Nachhaltigkeit als Gamechanger in der Elektronikfertigung

 

Am 12. und 13. Februar 2025 fand in der Seifenfabrik Dr. Thompson's in Düsseldorf die zweite Auflage des Technologieforums Green Electronics statt. Organisiert von Stannol, MTM Ruhrzinn, kolb Cleaning Technology und Stego Elektrotechnik, versammelte die Veranstaltung erneut Fachleute aus Industrie, Wissenschaft und Verbänden, um über nachhaltige Praktiken in der Elektronikfertigung zu diskutieren.

Die Referierenden

Moderiert wurde die Veranstaltung zum zweiten Mal von Sabrina Nickel, die mit ihrer Expertise durch das Programm führte. Zu den Referierenden gehörten in diesem Jahr:

  • Prof. Dr. Rüdiger Hahn (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), der die ökonomischen Aspekte des Nachhaltigkeitsmanagements beleuchtete
  • Johannes Röck (Siemens Digital Industries), der aufzeigte, wie Digitalisierungstechnologien die Nachhaltigkeit erhöhen können
  • Prof. Dr.-Ing. Markus Glück (Hochschule Aalen), der über die Rolle des Engineerings für eine lebenswerte Welt sprach
  • Kilian Schwaiger (Verband Deutscher Metallhändler und Recycler e. V.), der die Kreislaufwirtschaft als strategisches Element diskutierte
  • Dr. Mareike Haaß (in4ma), die den Stand der Nachhaltigkeit in der EMS-Branche analysierte
  • Dr. Nils Nissen (Fraunhofer IZM), der über grünere Elektronik aus Deutschland berichtete
  • Dipl. Geol. Michael Schmidt (Deutsche Rohstoffagentur), der einen Ausblick auf die Rohstoffversorgung bis 2030 gab

Nachhaltigkeitsmanagement als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor

In seiner Keynote stellte Prof. Dr. Rüdiger Hahn von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die Frage, wann sich Nachhaltigkeit auch einzelwirtschaftlich lohnt. Er betonte, dass nachhaltiges Handeln nicht nur ethisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll sein kann, wenn es strategisch in die Unternehmensführung integriert wird. 

So betonte er, dass der positive Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Unternehmensperformance vielfach empirisch belegt sei. Zudem würden Nachhaltigkeitsrisiken immer drängender, wie zunehmende rechtliche und reputationsbezogene Risiken, physische Risiken durch Extremwetterereignisse oder auch Wettbewerbsrisiken durch eine unzureichende Vorbereitung auf diverse Nachhaltigkeitsanforderungen.

Klare Chancen im Bereich nachhaltigem Handeln sah Prof. Dr. Hahn darin, dass ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement sowohl Umsätze als auch Kosten positiv beeinflussen kann – ebenso wie die Mitarbeiterzufriedenheit. Eine weitere Chance: Nachhaltigkeit als festen Bestandteil der Markenbotschaft zu integrieren. 

Sein Fazit: Es steckt mehr „Erfolgsfaktor“ im Nachhaltigkeitsmanagement als oft angenommen – selbst vieles, was sich nicht in Zahlen rechnen lasse, lohne sich dennoch. Er betonte, dass Nachhaltigkeit ein normativ-ethisches Konzept sei und nicht per se ein Mittel zur Gewinnmaximierung. Er warnte zudem vor einem zu engen Fokus auf kurzfristige Gewinne und plädierte für eine ganzheitliche Betrachtung, die soziale, ökologische und ökonomische Ziele in Einklang bringt.

Digitalisierung als Enabler für grüne Produktion

Johannes Röck von Siemens Digital Industries demonstrierte, wie digitale Technologien zur Steigerung der Nachhaltigkeit beitragen können und nannte Digitale Zwillinge und Energieeffizienzmanagement als Schlüsseltechnologien. 

Mithilfe von Digitalen Typenschildern, die über einen ID-Link auf dem jeweiligen Siemens-Gerät abgerufen werden können, lassen sich beispielsweise Technische Daten, Bedienungsanleitungen oder Zertifikate online im Browser abrufen. 

Allein bei nur einem Baugruppentyp ließen sich mithilfe dieser ID-Links rund 2,5 Millionen DIN A4-Blätter pro Jahr einsparen – das entspricht einer CO2-Gesamtemission von 27 Autos. 

Anhand des Simatic Energy Management Systems zeigte Johannes Röck zudem, wie durch gezielte Datenanalyse und Maßnahmenplanung der Energieverbrauch von Maschinen signifikant reduziert werden kann – in einem Fallbeispiel um bis zu 64 Prozent. Er betonte, dass Ressourcentransparenz ein Hauptfaktor für Nachhaltigkeit sei und dass Digitalisierung von der Maschine bis zum Unternehmen reichen sollte.

Engineering für eine lebenswerte Welt

Prof. Dr.-Ing. Markus Glück hob in seinem Vortrag hervor, dass 80 Prozent der Nachhaltigkeitskosten in den ersten 20 Prozent der Produktentstehung festgelegt werden. In der Konsequenz liege daher die Hauptverantwortung für die Nachhaltigkeit eines Produkts oder einer Dienstleistung in der Hand der Produktplanung und -entwicklung. 

Er plädierte daher für ein ganzheitliches Engineering, das Kreislaufwirtschaft und ethische Aspekte von Anfang an berücksichtigt. Ein ethischer Kompass müsse zum führenden Entscheidungskriterium in der Produktentstehung werden. 

Dabei sei es wichtig, bereits den Ingenieur-Nachwuchs für das Thema zu sensibilisieren, da diese Vorreiter für ein modernes, ganzheitliches Engineering seien. Ingenieurinnen und Ingenieure könnten Verantwortung übernehmen, indem sie mit ihren Konstruktionen und Materialentscheidungen die Weichen stellen für Bereiche wie Wasserverbrauch, Prozessführung, Rohstoff- und Energiebedarf, aber auch Rohstoffgewinnung, Materialauswahl, Zukauf, Aufbereitung, Logistik und Transport. Es benötige dazu dringend ein Denken und Handeln in Kreisläufen – ein „Design for Circularity“.

Kreislaufwirtschaft: Kontrolle über Stoffströme

Kilian Schwaiger vom Verband Deutscher Metallhändler und Recycler diskutierte die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft und wies auf ein Patent hin, das die Recyclingindustrie beeinflussen könnte. Er betonte die Notwendigkeit eines fairen Marktzugangs und die Balance zwischen Innovationsschutz und Wettbewerb. 

Sollte das Patent zum Standard werden, müssten Marktbegleiter Patentgebühren zahlen oder direkt mit dem Patentinhaber zusammenarbeiten, was die Branche erheblich verändern könnte.

Nachhaltigkeit in der EMS-Branche

Dr. Mareike Haaß von in4ma präsentierte aktuelle Analysen zur Nachhaltigkeit in der EMS-Branche. Sie berichtete, dass etwa ein Drittel der EMS-Unternehmen im DACH-Raum aktiv Nachhaltigkeitsthemen verfolgt. 

Auffällig sei dabei, dass die Unternehmensgröße weniger entscheidend ist als die Haltung der Führungsebene: Oft hänge es von der Einstellung der Geschäftsleitung oder des Inhabers ab, ob Nachhaltigkeit im Unternehmen eine Rolle spielt. 

Umweltmaßnahmen werden laut der Untersuchung vor allem dann umgesetzt, wenn sie wirtschaftlich sinnvoll sind. Konkrete Zahlen würden dabei eher selten genannt, häufig blieben die Unternehmen vage. Dr. Haaß unterstrich die Bedeutung von Transparenz und die Notwendigkeit, nicht nur zu berichten, sondern auch tatsächliche Maßnahmen im Bereich Produktionsprozesse umzusetzen. 

Ihr Fazit: Zukünftig werden eine transparente und umfassende Dokumentation sowie Kommunikation zu Nachhaltigkeit unvermeidlich sein.

Grünere Elektronik aus Deutschland

Dr. Nils Nissen vom Fraunhofer IZM stellte das Kompetenzzentrum Green ICT @ FMD vor und betonte, dass es zwar keine 100 Prozent grüne Elektronik gibt, aber viele Möglichkeiten, sie nachhaltiger zu gestalten. 

So sei es derzeit nicht möglich, eine wirklich umweltfreundliche Leiterplatte zu produzieren, allerdings könne man zum Beispiel durch weniger Materialverlust und reduzierten Chemikalieneinsatz in der Produktion, durch langlebigere oder reparierbare Komponenten oder durch bessere Recycelbarkeit mehr Nachhaltigkeit erreichen. 

Er hob hervor, dass durch gezielte Maßnahmen in Design und Produktion erhebliche Fortschritte erzielt werden könnten. So seien etwa Detailverbesserungen einzelner Komponenten und Materialien wichtig, genauso wie eine Produktionsrückverlagerung oder neue regionale Ketten, in denen Kommunikationsoverheads, Know-How-Schutz, eine flexible, effiziente Fertigung und Umweltkennzahlen zusammenkommen.

Rohstoffversorgung bis 2030

Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur gab einen Ausblick auf die Rohstoffversorgung für die Energiewende und wies auf die geopolitischen Herausforderungen hin, die damit verbunden sind. Wichtige Rohstoffe seien vor allem Lithium, Kupfer und Silizium für Wind- und Solarenergie. Die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Energiewende und der nachhaltigen Ressourcennutzung werfen etwa einige Herausforderungen auf. 

Laut einem Nachhaltigkeitsszenario der Internationalen Energieagentur (IEA) bis 2030 sind die Ziele durchaus erreichbar. Dennoch gibt es bedeutende Hindernisse zu überwinden: Einige Rohstoffe, die für erneuerbare Energien entscheidend sind, zeigen hohe Bedarfsanteile und eine starke Marktkonzentration. In Europa ist die Solarindustrie praktisch nicht mehr existent, während die Windindustrie mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. 

Deutschland und die EU sind zudem stark von Importen vieler Rohstoffe und Komponenten abhängig – insbesondere aus China. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Batteriespeicher, die unerlässlich sind für die Speicherung von Solar- und Windenergie zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende. Michael Schmidt betonte daher die Notwendigkeit, strategische Rohstoffpartnerschaften zu etablieren und Recyclingquoten zu erhöhen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Networking und Austausch

Neben den Fachvorträgen bot die Green Electronics 2025 zahlreiche Gelegenheiten zum Networking. Bereits am Vorabend konnten sich die Teilnehmenden bei einer Altbiertour und einem entspannten Get-together besser kennenlernen. Während der Veranstaltung gab es zudem viel Zeit zum Diskutieren und Networken.

Fazit und Ausblick

Die Green Electronics 2025 hat gezeigt, dass Nachhaltigkeit in der Elektronikindustrie kein optionales Ziel mehr ist, sondern ein strategischer Imperativ. Durch die Integration von Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und verantwortungsvollem Management können Unternehmen nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch profitieren. Mit Blick auf die Zukunft wird deutlich, dass Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige Praktiken investieren, langfristig profitieren werden.

Die nächste Green Electronics ist für das Jahr 2027 geplant. Interessierte Unternehmen und Fachleute sind herzlich eingeladen, sich aktiv an der Gestaltung einer nachhaltigeren Elektronikindustrie zu beteiligen!

 

 

Bildquellen: Jochen Tack

Kontakt

Auf dem Bild ist eine Frau mit halblange, blonden Haaren zu sehen. Sie trägt eine hellblaue Bluse und einen blauen Blazer. Sie lächelt freundlich in die Kamera.

Simone Bauer

Presse & Fachredaktion


Phone -307

 

Produktselektor
ProduktselektorKontaktNewsletter abonnieren JOBS Jobs